Datum: 16. November 2012
Ort: Zeitgeschichtliches Forum Leipzig (ZFL)

6. Leipziger Sportrechtstag

Programm (PDF)

Der 6. Leipziger Sportrechtstag ist Geschichte. Wir bedanken uns bei den Referenten, Sponsoren, Helfern, kurzum: bei allen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben. Zudem freuen wir uns, dass der 6. SRT einen großen Anklang gefunden hat und in den Fachkreisen ca. 40 sowie in der Podiumsdiskussion über 150 Teilnehmer verzeichnet werden konnten. Hierfür herzlichen Dank! Die interessanten Referate sowie die anregenden Diskussionen zu den einzelnen Themen in den Fachkreisen werden wir ebenso in Erinnerung behalten wie die erstklassig besetzte und kurzweilige Posdiumsdiskussion.

Zum Inhalt: Nach den olympischen Spielen in London 2012 war sie wieder allgegenwärtig: Die Diskussion um die Leistungsfähigkeit des Deutschen Spitzensports. Während die Schwimmer erstmals seit 1932 ohne Medaille geblieben waren, hatten sich die Leichtathleten aus ihrem „Tief von Peking“ befreit. Die Vielseitigkeitsreiter hatten ebenso überzeugt wie die Ruderer und die Beachvolleyballer; überwiegend Enttäuschung war in den Gesichtern der Schützen, Kampfsportler, Gewichtheber zu erkennen gewesen.

Schon fast traditionell stellte sich nach Abschluss der Olympischen Spiele die Frage, ob im Hinblick auf das olympische Gedankengut der Medaillenspiegel einziger Maßstab für einen „erfolgreichen Sport“ sein kann. Ist es nicht viel wichtiger, dass die positiven Effekte des Sports und der olympischen Bewegung die Gesellschaft dauerhaft verändern, beeinflussen, positiv gestalten? Hierbei müssen der Spitzensport und der Breitensport Hand in Hand gehen und über die Verzahnung dieser beiden Elemente die Essenz der Olympischen Sportbewegung in die Gesellschaft getragen werden. Als Schlagwörter hört man hier oft: Integration durch Sport und Wertevermittlung durch Sport, wobei als Werte selbstverständlich positive Werte wie Fairness, Rücksichtnahme, Teamfähigkeit aber auch Ehrgeiz und Zielstrebigkeit kolportiert werden. Vor diesem Hintergrund war die olympische Berichterstattung auch von der Beziehung Nadja Drygallas zu ihrem der NPD angehörigen Freund Michael Fischer und damit von der Frage geprägt, inwieweit Sportler in ihrer moralischen und politischen Einstellung an bestimmte Werte gebunden sind. Gleichzeitig wurde in der Öffentlichkeit erörtert, ob und wie der Sport mit seiner gesamten Struktur auf derartige Situationen reagieren kann, wenn Derartiges überhaupt in seinen Aufgabenbereich fällt.

Der 6. Leipziger Sportrechtstag beschäftigte sich mit der Frage, ob die Verwaltungs- und Organisationsstrukturen im deutschen Sport der Bewältigung des Spagats zwischen Erbringung von Spitzenleistungen, Förderung des Breitensports und Erfüllung der dem Sport darüber hinaus gesellschaftlich zugewiesenen Aufgaben gewachsen ist.

Podiumsdiskussion
Bei der kritischen Analyse des Sports müssen sich dessen Protagonisten einerseits die Frage gefallen lassen, ob sie sowohl auf der Ebene der Verwaltung als auch auf derjenigen der Trainer und Sportler effektiv, effizient und letztlich erfolgreich arbeiten. Auf der anderen Seite soll der Sport die Werte der Gesellschaft widerspiegeln und ebendiese positiv beeinflussen. Hierzu gehört es, dass die Sportverwaltung selbst demokratisch organisiert ist, transparent arbeitet und diejenigen Werte, die sie in die Gesellschaft tragen soll, in ihrem eigenen System hochhält.

Kurzum: Das Modell des deutschen Sports stand auf dem Prüfstand!

Fachkreise
Im Rahmen der Fachkreise standen die Organisations- und Verwaltungsstrukturen des professionellen Fußballs im Mittelpunkt. Bekanntermaßen ist der Professionalisierungs- und damit der Verrechtlichungsgrad in diesem Bereich stark ausgeprägt. Gleichzeitig verzeichnet die Sportart Fußball außerhalb des Spitzenbereichs einen enormen Zulauf im Amateurbereich. Damit ist sie als Modell zur Analyse der Frage geradezu ideal, ob die Organisationsstrukturen in den Verbänden, Vereinen und Zuschauern bzw. Fans dem oben beschriebenen Wandel gewachsen sind.

Analyse der Vereinsstrukturen als Voraussetzung einer effektiven Club Governance im deutschen Profifußball
Prof. Dr. Gregor Hovemann, Dr. Joachim Lammert und Sandy Adam, Universität Leipzig, Professur für Sportökonomie und Sportmanagement

Die beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung im deutschen Profifußball und die steigenden Ansprüche der Zuschauer und Medien werfen die Frage auf, ob die Vereinsstrukturen von professionellen Fußballklubs sich in gleichem Maße weiter entwickelt haben und den aktuellen Herausforderungen gerecht werden. Professionelle Organisations- und Führungsstrukturen sowie die regelmäßige Kontrolle und Steuerung der Managementhandlungen erscheinen in diesem Kontext zwingend erforderlich – kurz: ein wirkungsvolles Corporate Governance-System. In diesem Kontext war die zentrale Zielstellung der vorliegenden empirischen Untersuchung von Satzungen professioneller Fußballvereine, den Status Quo der Organisations- und Führungsstrukturen sowie der Kontroll- und Steuerungsmechanismen der eingetragenen Vereine im deutschen Profifußball zu erheben und in den genannten Kontext kritisch einzuordnen.

Verbandsbezogene und klubbezogene Vorkehrungen zur Umsetzung einer Good Governance im deutschen Profifußball
Christian Müller, Geschäftsführer SG Dynamo Dresden und ehemaliger Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) für Finanzen und Lizenzierung

Um die Voraussetzungen für eine weitergehende Professionalisierung des deutschen Profifußballs zu schaffen, wurde im Jahr 2000 durch den DFB die sogenannte Strukturreform der Bundesliga verabschiedet mit der Folge, dass seit Beginn der Spielzeit 2001/02 der Lizenzfußball in Deutschland ein Stück weit losgelöst vom DFB verselbständigt ist. Außerdem wurden im Rahmen der Lizenzierungsordnung mehrere Mindestvorgaben für die Satzungen von Fußballvereinen verankert, die die teilnehmenden Bundesligisten erfüllen müssen bzw. sollen. Der Vortrag von Christian Müller widmete sich der Darstellung dieser verbandsbezogenen und klubbezogenen Vorkehrungen zur Verwirklichung einer effektiven Corporate Governance im deutschen Profifußball von Seiten des verantwortlichen Verbandes bzw. des verantwortlichen Ligaorganisators.

Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten einer Good Governance
Dr. Thilo Pachmann, Zürich
Rechtsanwalt, Vizepräsident Schweizerischer Judo & Ju-Jitsu Verband

Denjenigen Gestaltungsmöglichkeiten, die im Hinblick auf eine Good Governance ökonomisch sinnvoll erscheinen, sind rechtliche Grenzen gesetzt. Diese finden sich nicht nur in den Verbandsregularien des DFB und der DFL, sondern überschreiten die relativ beschränkungsfreie Ebene des einfachen Zivilrechts. Komplexe Strukturen des Europarechts, des Verfassungsrechts, des Kartellrechts aber auch des Vereinsrechts- und des Gesellschaftsrechts müssen beachtet werden. Der Vortrag analysierte diese Grenzen und zeigt Gestaltungsspielräume auf.

Hintergründe, Maßnahmen und Perspektiven der europäischen Entwicklung einer Supporters‘ Governance
Antonia Hagemann, Head of European Development, Supporters Direct

Während im deutschen Profifußball vereinsgeführte und damit anhängerbasierte Strukturen die Regel sind, werden Fußballklubs in vielen anderen europäischen Ländern als Unternehmen geführt, die sich maßgeblich im Eigentum von einzelnen Personen oder von mehreren Investoren befinden. Da die Interessen der Anhänger und die der Eigentümer häufig im Widerspruch zueinander stehen, haben sich dort Governance Strukturen abseits der eigentlichen Unternehmen gebildet, die in Form von Supporters Trusts die Unternehmensführung im Interesse der Anhängerschaft überwachen. Der Vortrag von Antonia Hagemann beschrieb die Hintergründe für diese Entwicklung, ging auf relevante Maßnahmen ein und erläuterte die europäische Dimension dieser Entwicklung.

Medienecho

Drohender Trainermangel im Spitzensport!
(Sendung Sport im Osten vom 17.11.2012 um 16.30 Uhr suchen und obigen Beitrag auswählen!))

FAZ am 19.11.2012

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Impressionen