Datum: 1. Februar 2008
Ort: MEDICA-Klinik, Leipzig

Workshop "Mechanisches Doping"

Der Workshop fand erstmals 01. Februar 2008 in den Räumen der Medica-Klinik statt.

Einführend erläuterte Dr. Sven Nagel den Fall “Oscar Pistorius”. Am 14.01.2008 erhielt der Leichtathlet Pistorius keine Starterlaubnis für die Olympischen Spiele in Peking. Die Prothesen des Unterschenkelamputierten sollen eine zu große Hilfe sein. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF berief sich in seinem Grundsatzurteil auf ein 30-seitiges Gutachten von Prof. Dr. Brüggemann von der Sporthochschule Köln, dass nach ausgiebiger Untersuchung des Sprinters zu dem Schluß gekommen war, daß sich der Paraolympics-Gewinner durch die hochtechnologisierten Carbonprothesen einen zu großen Vorteil verschafft hätte. Laut IAAF-Regel 144.2 dürfen Behinderte mit künstlichen Hilfsmitteln nicht zu offiziellen Wettbewerben der Nichtbehinderten antreten.

Man beschrieb den Unterschied als den zwischen einem Fahrrad mit und ohne Gangschaltung. Pistorius möchte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel vor dem internationalen Sportgerichtshof in Lausanne (CAS) einlegen. Er sieht sich in der Verantwortung, für sich und alle behinderten Athleten die Entscheidung auf dem höchsten Level zu suchen. Sein Manager äußerte zudem Zweifel an den Ergebnissen der Studie. Er ist der Auffassung, es seien nicht genügend Faktoren berücksichtigt worden.

Es ist daher nur folgerichtig, daß sich das Institut für Deutsches und Internationales Sportrecht mit dieser Thematik befaßt.

Im Zusammenhang mit dem Fall Pistorius kam es zum ersten Mal der Begriff des mechanischen oder „Techno-Dopings“ auf. Der Workshop sollte helfen, dieses noch unergründete Gebiet zu erschließen.

v.l.n.r. Mirko Zebisch, Prof. Dr. Wolfgang Schild, Gotthard Neubert, Dr. Sven Nagel

Zunächst versuchte Dr. Wolfgang Schild von der Universität Bielefeld die Frage „Wann kann man von Techno-Doping sprechen?“ zu beantworten. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, dass nach der derzeitigen Definition ein mechanisches Doping nicht erfasst wird. Problematische seien dabei vor allem solche Prothesen, die, wie im Fall Pistorius, nicht im Alltag verwendet werden können. Die Abgrenzung ist schwierig, unklar worauf abgestellt werden soll – die konkrete Fähigkeit der Prothesen oder eine Gesamtbetrachtung?

„Hier besteht Reglungsbedarf bei den Verbänden, auch bei denen des Behindertensports, eine allgemeine Regel wie Art. 144 IPC reicht nicht aus. Der Begriff „Vorteil“ ist zu ungenau.“

Prof. Dr. Wolfgang Schild

Herr Gotthard Neubert beleuchtete das Problem von der Seite eines erfahrenen Orthopädietechnikmeisters. Die Entwicklung der Orthopädiematerialien sei auch durch den Behindertensport rasant vorangegangen. Er selbst sei vor anderthalb Jahren zum ersten Mal auf die Formulierung „Techno-Doping“ gestoßen und habe sich seitdem viele Gedanken gemacht. Dabei sei er zu dem Schluss gekommen, dass eine technische Manipulation bei Sportgeräten zumindest möglich ist. Die Möglichkeit, Kraft zu speichern sei zwar gering, bei den heutigen geringen Abständen vor allem in den Laufdisziplinen jedoch nicht zu unterschätzen.

Gotthard Neubert

Im Anschluss an die Vorträge der beiden Referenten entstand eine angeregte Diskussion.
Auf die Frage nach dem mechanischen Vorteil einer Prothese sagte Neubert: „Die Prothese allein ist nicht ausschlaggebend, man muss Bedenken, dass deren Nutzer auch viel Kraft aufwenden muss.“ Prof. Schild wendete diesbezüglich ein, dass dies bei Doping anderer Art ebenso sei. Die Frage sei, ob die Verwendung solcher Prothesen nun „Doping, oder nur unfair und verboten“ sei? Er selbst halte es für vertretbar, hier von Doping zu sprechen.

Der Begriff des Techno-Dopings konnte noch nicht eindeutig geklärt werden, jedoch wurden erste wichtige Schritte getan. IDIS bietet hierzu Weiterbildungen an, um Sportlern und Funktionären das komplzierte Thema weiter näherzubringen.

v.l.n.r. Mirko Zebisch, Gotthard Neubert, Prof. Dr. Wolfgang Schild, Dr. Sven Nagel, Dr. Rico Kauerhof