Datum: | 28. Mai 2010 |
Ort: | Leipzig |
Sportereignisse und Rechte der Veranstalter
„Keine Sanktion, sondern Prävention“ Stadionverbote das Thema bei Leipziger Sportrechtsveranstaltung
Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen – Finden sich friedliche Fans inmitten von Krawallen und Auseinandersetzungen wieder, müssen sie befürchten, ein Stadionverbot zu erhalten. Ganz nach dem Motto, dabei sein ist alles. „Bei den DFB-Richtlinien über die Stadionverbote sehe ich noch Nachbesserungsbedarf“, erklärte Prof. Wolf-Dietrich Walker von der Universität Gießen bei der Sportrechtsveranstaltung „Sportereignisse und Rechte der Veranstalter“ am vergangenen Freitag, die von der Deutsch Schweizerischen Gesellschaft für Sportrecht (DSGSR) organisiert wurde. So könne ein reines Ermittlungsverfahren gegen Krawallmacher oder die Annahme, dass Fans gewalttätig werden, nicht ausreichen für ein solches Verbot.
Gleich zu Beginn stellte der Präsident der DSGSR, Sven Nagel, die Frage:
„Was können Vereine tun, um der Gewalt entgegenzuwirken?“ Die Alternative der Stadionverbote entfachte eine kontroverse Diskussion bezüglich ihrer Wirksamkeit.
Rassistische Beleidigungen, Anzünden von Pyrotechnik und Werfen von Gegenständen sind nach Aussage von der Juristin des Deutschen Fußball Bundes (DFB), Eva Immerheiser, die Hauptprobleme im Stadion. Solche bundesweiten Verbote können durch die Vereine durch eine Bevollmächtigung nur bis zur vierten Liga ausgesprochen werden. Genau das sieht Prof. Diethelm Klesczewski problematisch: „Die Gewalt hat ihren Ort gewechselt, von den oberen in die unteren Ligen.“ Für den Juristen der Universität Leipzig sind bundesweite Stadionverbote unzulässig. „Man verwechselt hier Tatsachenbehauptungen mit feststehenden Tatsachen“, so Klesczewski weiter: „Das ist, als wenn ich meiner Tochter eine Ohrfeige gebe und ihr dann sage, das ist präventiv. Das würde sie nicht verstehen.“ Seiner Meinung nach reiche ein Anfangsverdacht und einleitendes Ermittlungsverfahren gegen eventuelle Krawallmacher nicht aus. Anstelle von Verboten wäre es beispielsweise besser, Gewalttäter und Randalierer zu resozialisieren.
Für Eva Immerheiser seien die Zahlen der Stadionverbote „stark rückläufig“. Aktuell gibt es nach Aussage des DFB 3786 Personen, die sich Fußballspiele nicht im Stadion ansehen dürfen. „Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass bis Ende Juni 1000 Verbote auslaufen“, sagte die Juristin. Weiterhin betonte sie, die Verhängung von Stadionverboten sei „keine Sanktion, sondern Prävention“. Dementsprechend können Vereine solche Strafen verhängen, auch wenn sie Störungen nur befürchten. Gewalt und Ausschreitungen können nicht nur Stadionverbote zur Folge haben, sondern auch Sanktionen für den Verein, wie zum Beispiel Geldstrafen, Punktabzüge oder Lizenzverluste. Nach Aussage des Vorsitzenden der Sportgerichte des Sächsischen und des Nordostdeutschen Fußballverbandes, Stephan Oberholz, seien Krawalle „kein Ostproblem“. Während in der Regionalliga Nord, eine der „friedfertigsten Ligen“ mit vielen Ostvereinen, beispielsweise nur vier Verfahren in der Saison liefen, gab es in der selbigen Liga West 15 Verfahren mit mehreren Geisterspielen als Folge. Der seit drei Jahren dem DFB-Sportgericht angehörige Oberholz sagte weiter: „In den ersten vier Ligen hatten wir mehr Zuschauerausschreitungen. Wir mussten also mehr Verbandsstrafen aussprechen in der zurückliegenden Saison als davor.“ In der ersten Bundesliga gab es fast genau so viele Sanktionen wie in der Regionalliga.
Vor allem der VfL Bochum, Hertha Berlin, Hansa Rostock und Fortuna Düsseldorf traten oft hervor. „Das ist eine Zunahme, die schon beachtet werden muss.“
Fanbetreuung, genügend Sicherheitspersonal, das deeskalierend auftritt und auch interne Ahndungen der Vereine sind entscheidend, damit diese durch Randalierer keine Verbandsstrafen auferlegt bekommen. „Ich habe noch nicht einen Verein gesehen, der das alles hinbekommen hat,“ bemerkte Richter Oberholz abschließend. Die Veranstaltung zeigte auf, dass nicht nur bei den Vereinen weiterer Handlungsbedarf besteht, sondern auch die Rechtsgrundlagen verbessert werden müssen.
Dieser Arbeit wird sich der Veranstalter weiter widmen.