Datum: 26. März 2010
Ort: Aue

Sportärztetag in Aue

Sportmediziner debattieren über Kampfsport, Doping und Sportrecht

Sportärztetag in Aue: Zum vierten Mal treffen sich Mediziner in der Helios-Klinik Aue, um über Sportverletzungen, Doping und Sportrecht zu debattieren, aber auch über Aufwärmtraining und Ringerohren. Neben fachspezifischen Vorträgen wurde die Sportlandschaft im Lößnitztal abgegrast. Fußball, Handball und selbst Ringkampf stand auf dem Terminplan der 50 Sportmediziner, die zum Teil von weit her ins Erzgebirge gekommen waren.

Die Veranstalter und Organisatoren scheuten sich nicht, sogenannte heiße Themen anzupacken und die Teilnehmer mit – aus sportmedizinischer Sicht – strittigen Themen zu konfrontieren. Ist Sport und Asthma im Kindesalter ein Widerspruch? Welchen Sport verträgt (oder braucht) eine geschädigte Wirbelsäule?

Auch Doping spielte eine Rolle bei den Tagesordnungspunkten des Sportärztetages 2010 in der Helios-Klinik auf dem Silberberg. Chefarzt Dr. Erhardt Weiß und Oberarzt Dr. Torsten Seltmann hatten sich dazu hochkarätige Verstärkung ins Boot geholt: Rechtsanwalt Dr. Sven Nagel hielt einen Vortrag zum Doping, hatte doch der Fall der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein zuletzt für viel Kopfschütteln bei Sportmedizinern und Juristen gesorgt. Der Leipziger Dr. Sven Nagel konfrontierte die Seminarteilnehmer mit rechtlichen Dingen zum Thema Doping, beleuchtete damit die dunkle Seite des Sportes aus Sicht der Juristen und klärte damit wichtige Fragen der Sportmediziner zu diesem Thema.

Sportpsychologie (Überbelastungssyndrom) und Physiotherapie bei Fußfehlstellungen spielten genauso eine Rolle wie Hautkrankheiten im Sport oder der Erfahrungsbericht eines 100-Kilometer-Läufers. Dr. Jörg Hammer aus der Unfall-Klinik Leipzig beantwortete die Frage, ob Achillodynie beim Sportler das Karriereende bedeuten muss. Selbst das Aufwärmtraining im Wandel der Zeit wurde vom Co-Trainer des FC Erzgebirge Aue Marco Kämpfe erörtert. Auch Ernährungskonzepte für Sportler waren ein Thema.

Doch die Sportmediziner mussten bei all diesen Vorträgen und Referaten nicht nur beweisen, dass sie Sitzfleisch haben, sondern das Selbige auch bewegen. Fußball im Praxisteil, klar – auch in der Sportmedizin immer ein Thema, zudem der FC Bayern München II in Aue zu Gast war. Aber auch das Zweitliga-Handballspiel des EHV Aue gegen die SG Bietigheim begeisterte die Sportmediziner, die diese Spiele besuchten.

Doch während die Herren und Damen in Weiß auch dort noch in den Zuschauerrängen Platz nehmen durften, mussten sie im Praxisteil des Gesamtprogramms selbst ran und tauschten den Arztkittel mit dem Ringertrikot. Ringen? Vor allem hier wurden in Aue einmal mehr Vorurteile abgebaut. Denn dort, wo die Sportmediziner aus Unkenntnis heraus oft die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, wurde das Gegenteil vom bisher geglaubten über diese Sportart bewiesen. Ringen als Kampfsportart kann positiven Einfluss auf Schädigungen des Binde- und Stützgewebes und vor allem muskuläre Disbalancen nehmen, aber vor allem kann dieser Ganzkörpersport vielen Schädigungen vorbeugen.

Die Vorführungen der Ringer unter Übungsleiter Björn Schöniger und die eigenen leichten Kampfübungen halfen den Sportmedizinern Vorurteile abzubauen. Selbst die Frauen, die im ungewohnten Kampfsport fleißig mitübten, zeigten sich begeistert. Der Praxisteil unterstrich die theoretischen Ausführungen von Frank Vieweg, einem einstigen Ringer, der viele Jahre im Ringer-Verband Sachsen als Präsident fungierte, der in seinem Referat “Ist Ringen wirklich eine gefährliche Sportart“ die Seminarteilnehmer vom Gegenteil zu überzeugen suchte.

Im Zusammenspiel zwischen Praxis und Theorie dürfte das den Ringern gelungen sein. Keiner der Mediziner wird wohl demnächst einen kleinen Patienten mit Rückenproblemen von dieser Sportart abraten, sondern zusammen mit den Trainern helfend eingreifen. „Es war eine gute Mischung zwischen theoretischen Erkenntnissen und dem Praxisteil. Viele Teilnehmer zeigten sich überrascht und begeistert zugleich, wobei vor allem die Kampfsportart Ringen für solche Veranstaltungen, aber auch für den Schulsport, prädestiniert ist. Denn der Ringkampf als eine der ältesten Sportarten der Welt zielt als einzige Kampfsportart nicht darauf ab, einen Gegner zu verletzen oder außer Gefecht zu setzen“, erhielt Wolfgang Normann als einer der Organisatoren für den Bereich Ringen bei Ärztetag ein positives Feedback der Teilnehmer, wobei er den Zuschauern des Praxisteils die Übungen erläuterte.

Eine runde Sache, der 4. Sportärztetag, bei dem auch das abendliche Kulturprogramm nicht fehlte, dass nach den vielen Referaten und neuen Erkenntnissen im Seminarraum für Auflockerung sorgte.

„Unsere Sportmedizinertage haben sich etabliert. Wir mussten gar Absagen erteilen, weil sich weitaus mehr Teilnehmer anmelden wollten, als das Seminar verträgt. Wir waren sozusagen voll ausgelastet“, zeigte sich Chefarzt Dr. Weiß zufrieden mit der Veranstaltung, die nach diesem Erfolg auch 2011 seine Fortsetzung finden wird.

– Jörg Richter

Rechtsanwalt Dr. Sven Nagel referiert über Doping im Sport aus Sicht der Juristen

Der Vortrag des Herrn Rechtsanwalt Dr. Sven Nagel kann hier abgerufen werden.